Doch was, wenn der oder die Angetraute gar nicht aus dem Innviertel kommt und keinen Dialekt versteht? Und die erste Zusammenkunft mit der Verwandtschaft schon zu gehörigen sprachlichen und kulturellen Missverständnissen geführt hat?
Nicht selten kehren Exil-Innviertler:innen zum schönsten Tag ihres Lebens wieder in die Heimat zurück. Mit im Gepäck ein Mensch von anderswo, den es jetzt in die Urtiefen der Innviertler Heiraterei einzuführen gilt.
Wir geben es zu, manchmal können wir Innviertler:innen einfach nicht aus unserer Haut und plumpsen mit wehenden Fahnen in die Brauchtumskiste hinein. Aber, und das ist das Schöne daran, jeder feiert unsere Lieblings-Hochzeits-Traditionen mit.
Damit ihr euch nicht im Innviertler Dialekt-Gewusel verirrt,
haben wir hier die wichtigsten Begriffe zusammengestellt.
*So viel können wir schon jetzt verraten:
Durst leiden musste bei uns noch keine:r!
Obwohl auch die Innviertler sich schon von so manch katholischen Vorstellungen gelöst haben, ist es bis heute Brauch, dass die Braut die Nacht vor der Hochzeit in ihrem Elternhaus verbringt. Um ihr die Nervosität etwas zu nehmen, schließen sich bis heute Freundinnen und weibliche Verwandte zusammen, um der zukünftigen Braut das sogenannte „Brautlied“ zu singen. Der Text beschreibt die Verabschiedung vom jungfräulichen Leben hin zur Ehe. So eng sehen wir das heute freilich nicht mehr. Dennoch werden hier schon die ersten Tränen verdrückt und sich in den Armen gelegen. Ein emotionsgeladener Moment, bei dem man sich oft mit einem Stamperl Likör oder Glas Sekt ein bisschen Beruhigung verschafft.
Häufig wird beim Brautlied singen ein Bogen, aus Blumen und Zweigen gebunden, zum Elternhaus der Braut mitgebracht. Meist sind es Frauengruppen, die sich am Tag vor der Hochzeit zusammenfinden und mit Sorgfalt einen Bogen binden. Aus Reisig, Blüten und Zweigen bestehend, wird der „Schwöbog’n“ als Zeichen für Gesundheit, Glück und reichen Kindersegen am Hauseingang des Brautpaares angebracht.
Langschläfer sollten sich das Heiraten im Innviertel besser zweimal überlegen: denn bei uns ist es Brauch, das Brautpaar am Hochzeitstag in den frühen Morgenstunden aus dem Schlaf zu schießen. Das sogenannte „Außa Schiassn“ wird meist von den Männern der Schöpfung und einer Ladung Böller initiiert. Durch die Schüsse sollen böse Geister und dicke Luft vertrieben werden. Freilich kommt auch hier die Geselligkeit nicht zu kurz. Denn jetzt, wo die zukünftigen Eheleute schon mal wach sind, können sie ja auch noch gleich ein Seiterl und eine Jause servieren.
Mal ehrlich, einen Haufen Innviertler:innen auf einem Fleck zu koordinieren, ist oft nicht ganz einfach. Noch schwieriger wird die Sache dann allerdings, wenn es sich um eine Hochzeit handelt. Es darf schließlich niemand zu kurz kommen. Aus diesem Grund haben sich die findigen Innviertler schon vor Jahrhunderten der Nützlichkeit des sogenannten „Prograder“ bedient. Als Zeremonienmeister ist der, meist männliche, Prograder dafür zuständig, dass jeder Gast am richtigen Platz sitzt, der Ablauf einigermaßen nach Plan läuft und im Notfall die Innviertler:innen Sturschädln in Zaum gehalten werden.
Damit den Prograder auch wirklich jeder erkennt, trägt er einen mannsgroßen Stock mit Zweigen und Blumen geschmückt bei sich. So weit, so gut. Allerdings lässt sich der geübte Innviertler Hochzeitsgast nicht so einfach herumkommandieren.
Auch hier haben sich die trinkfesten Innviertler:innen seit Jahrhunderten einen Jux überlegt: gelingt es einem Gast, den Prograder-Stab zu stehlen, muss dieser vom Prograder selbst mit einer Runde Schnaps wieder ausgelöst werden.
Was wäre eine Innviertler Hochzeit ohne Musik? Kaum vorstellbar.
Aus diesem Grund wird die Braut traditionellerweise bereits mit zwei - drei Blasmusikern zur Kirche gebracht. Dort wartet meist schon die Hochzeitsgesellschaft, samt Bräutigam und ortsansässiger Musikkapelle. Ein Tätigkeitsfeld des Prograders ist es beispielsweise, den Hochzeitszug anzuleiten und die Reihenfolge der Personengruppen kundzutun. So zieht die Musikkapelle mit viel Aufsehen voran, ihr folgen dann nach -nicht mehr ganz so strengem- Zeremoniell Pfarrer, Bräutigam, geladene Gäste und am Ende die Braut.
Vor allem in den ländlichen Regionen ist es bis heute Brauch, dass sich bei einer Hochzeit das halbe Dorf am Kirchenplatz versammelt, um den Umzug der Musikkapelle und Hochzeitsgäste zu bestaunen. Am wichtigsten ist aber das Erscheinen der Braut. So oft kommt es schließlich nicht vor, dass man die Kleider und Blumen einer Hochzeit bestaunen kann.
In manchen Fällen erhalten die umstehenden „Braut-Schauer“ nach der Kirchlichen Trauung noch Häppchen und den ein oder anderen Durstlöscher.
Sehr ähnlich zum Prograder nimmt auch der Brautweiser eine wichtige Rolle ein. Manche Aufgabe überschneiden sich dabei auch. In früherer Zeit war der Brautweiser oder Brautlader der Firmgöd des Bräutigams und dafür zuständig, die Gäste zur Hochzeit einzuladen und im Vorfeld die Organisation der Hochzeit zu begleiten.
Das Wissen um alte Bräuche und Traditionen waren bei ihm gut aufgehoben.
Was wir heute als Brautjungfern aus amerikanischen Romantikfilmen kennen, hat in unserer Region eine lange Tradition. Bereits im Mittelalter haben sich die sogenannten Kranzljungfern um das Brautpaar getummelt. Mit auffallenden Kleidern und Blumen geschmückt, sollten sie die Blicke der bösen Geister vom Brautpaar ablenken und so für eine harmonische Ehe sorgen.
Auch wenn die Angst vor bösen Geistern heute nicht mehr in dem Maße gegeben ist, bilden die Kranzljungfern dennoch einen wichtigen Part am Hochzeitstag. Zumeist sind es die engsten Freundinnen der Braut, die den Tag mit unvergesslichen Erinnerungen füllen.
Heute könnte man die Zubraut mit der Trauzeugin oder wichtigsten Brautjungfer vergleichen.
Sie ist nicht nur die moralische Unterstützung während der Vorbereitungszeit, sondern auch Ansprechperson für kleinere und größere Wehwehchen.
Als enge Vertraute der Braut ist die Zubraut bei der Hochzeit meist mit einem Blumenkranz oder besonderem Kleid ausgestattet.
Als Vereinsmeier, was die Innviertler:innen nun einmal sind, gehört es in der Region dazu, dass das frisch verheiratete Brautpaar nach der Kirchlichen Trauung von Vereinsmitgliedern oder auch Freunden und Familie mit einem Spalier begrüßt wird. Dieser kann ganz unterschiedlich gestaltet sein, egal ob das Durchschreiten eines Feuerwehrschlauches oder bunte Blumen.
Hier ist (fast) alles erlaubt, was im Leben des Paares eine Rolle spielt.
Meist zur späteren Stunde kommt es bei Hochzeiten im Innviertel zu einem kleinen Höhepunkt.
Beim sogenannten „Brautstehlen“ wird die Braut von den Freunden des Bräutigams symbolisch entführt und aus dem Festsaal raus getanzt. War es früher noch Tradition, sogar das Gasthaus im Ort zu wechseln, ist man in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, das Brautstehlen direkt in der Hochzeitslocation stattfinden zu lassen.
Bei diesem zünftigen Beisammensein erlebt man die Innviertler:innen in Reinform. Hier wird musiziert, Gstanzl gesungen, Witze erzählt, gelacht und vor allem viel Wein getrunken. Sofern dem Bräutigam das Fehlen seiner Braut auffällt, muss der frisch Vermählt seine Angetraute durch das Erfüllen von Aufgaben wieder auslösen und seine Trinkfestigkeit unter Beweis stellen.
In der Wissenschaft ist es strittig, wo der Ursprung des Brautstehlens liegt. Denn so sehr dieser Brauch heute mit viel Geselligkeit und Spaß in Verbindung steht, so dramatisch beschreibt die Geschichte das Brautstehlen. Nicht nur als Mahnung an den Bräutigam, gut auf seine Braut aufzupassen, kann die Tradition gedeutet werden. Noch düsterer gilt die Mutmaßung, dass dem Gutsherrn im Mittelalter „das Recht der ersten Nacht“ zustand und die Braut durch eine Geldzahlung ausgelöst werden musste.
Wer hätte gedacht, dass der Firmgöd, den man sich mit pubertärem Übermut ausgesucht hat, doch nochmal eine sehr tragende Rolle im Leben eines Firmlings bekommt. Das Brautstehlen, was mitunter feucht-fröhlich enden kann, muss schließlich irgendwie bezahlt werden. Hier kommen unsere Firmpaten ins Spiel. Dem Brauchtum nach übernimmt der Firmpate des Bräutigams die Zeche des Brautstehlens.
Außerdem ist es auch der Firmgöd, der dem Bräutigam in den schweren Minuten des Alleinseins ohne Braut beisteht und mit ihm zusammen und, ganz wichtig, dem Brautstrauß, zum Auslösen der Braut beim Brautstehlen auftaucht.